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                                     Bad Bentheim
                                   Grafschaft Bentheim

            


                                       Dieser Artikel von

                                    Peter Roeder

                                 erschien am 4.11.2000

 

 

           GN - Artikel 4.11.2000
 

 

                                    GN Serie von Peter Roeder

                                         Heinz Bornemann (59), dienstältester Regisseur der Nachrichtensendungen der ARD
Der Bentheimer, der über die Nachrichten der Welt„regiert“
                        Seit 20 Jahren verantwortlich hinter den Kulissen der Tagesschau der ARD

                                 
                                        Heinz Bornemann und Ulrich Wickert in der Vorbereitung
                                          zur Sendung. Die beiden verstehen sich. Das Team ist alles

                            Heinz                          

Heinz Bornemann
Heinz Bornemann  (59 )

                         Ich werde oft gefragt, was macht eigentlich  ein Regisseur bei der Tagesschau.
                         Nun, er ist verantwortlich für den pannenfreien technischen Ablauf der Sendung.
                         Da es keinen Redaktionsschluss gibt, muss der Regisseur zusammen mit dem  
                         Studiopersonal, laufend auf aktuelle Änderungen blitzschnell reagieren.            
                         Eine spannende, aufregende Tätigkeit für Nervenstarke.“      

 

      Sein Markenzeichen sind die Jeans. Einmal hat er sie nicht
      getragen: Beim Besuch der Prinzessin Diana im Studio der
      Tagesschau der ARD in Hamburg. Da beugte sich sogar Heinz
      Bornemann dem königlichen Protokoll. Der mit 59 Jahren
      dienstälteste Regisseur der Nachrichtensendungen lebt seit
      Jahrzehnten mit der Uhr im Nacken. Stress hoch drei.
      Schichtdienst. Verantwortlich für den technischen Ablauf,
      Kameraeinstellungen, Licht, Ton und Fremdschaltungen in alle
      Welt. Redaktionsschluss gibt es nicht. Das Team geht über alles,
      bestimmt mit den Anfangszeiten der Nachrichtensendungen gar
      den Rhythmus der Nation.

 

              Von Peter Roeder

          Hamburg. Oh ja, in Bad Bentheim kennen sie ihn noch: den Bengel von der Freilichtbühne,
          der mit seinem väterlichen Freund und Mentor Ernst Hellendoorn die berühmte Musikbude
          aufgebaut hat. Den Filmvorführer in der Filmbühne in der Schloßstraße, der zum
          Schrecken der Erwachsenen immer Rock-’n’-Roll-Platten auflegte. Den sauschlechten
          Schüler der Mittelschule. Den Katastrophen-Sportler, der die letzten Meter eines
          Wettlaufes immer schlendernden Schrittes unter seine Füße nahm, zum großen Gaudi der
          Zuschauer. Der Partygänger mit eigenem Plattenspieler auf Abzahlung. Den Filmemacher
          mit einer eigenen Schmalfilmkamera, damals eine Sensation. Der Weltmann, der im Café
          Landsmann so manches Bier vernichtete. Tolle Zeit für einen jungen Mann. Kompliment
          an dieser Stelle an Lehrer Siegfried Schulz. Er hat mit seinem Deutschunterricht viel dazu
          beigetragen, dass das Interesse des technisch sehr begabten Jungen für das Theater im
          allgemeinen und für eigene Werke schon damals mehr als nur geweckt wurde. Und schon
          in den 50er Jahren reifte in dem jungen Mann der Wunsch heran, unbedingt zum
          Rundfunk gehen zu wollen. So war es logisch, eine Lehre als Fernsehtechniker zu machen
          bei der Firma Hesselink in Nordhorn. Die beiden anderen Lehrlinge waren Werner Mers
          und Arnold Vogel. Von beiden hat Heinz Bornemann nichts mehr gehört. Nach der Lehre
          ein Jahr bei Radio Bartoschek in Bad Bentheim, dann zu den Blaupunkt-Werken nach
          Hildesheim. Und schon 1962 ging sein großer Jugendtraum in Erfüllung: Der NDR in Hamburg 
          stellte ihn als Bildtechniker ein. Dann schickten sie ihn durch die Nachrichten-Schrubbe. Zehn
          Jahre lang Dienst auf einem Übertragungswagen. Rund um die Uhr. Grubenunglück in
          Lengede. Adenauer-Beerdigung in Köln, Kennedy-Besuch in Berlin, die großen
          Showsendungen mit Chris Howland und Hans Joachim Kuhlenkampff,
          Sportübertragungen vom Tennis bis zum Fußball. Erneut trat dann seine künstlerische
          Ader zutage. Heinz wechselte seine Position hin zum Bildmischpult. Das ist eine ähnliche
          Arbeit wie ein Filmcutter, nur eben alles live. Auch dort alle großen Sendungen – vom
          Ohnsorg Theater bis zur aktuellen Schaubude. In seiner Position wurde er dann so
          langsam an die Bildregieaufgaben herangeführt. Als Regisseur Sportschau, Panorama ,
          diverse Magazine. Danach feste Regiestelle bei ARD aktuell. Betreut die Tagesschau,
          Tagesthemen, Nachtmagazin, Wochenspiegel. Jahrelang war er auch für die Messen
          (Funkausstellung) zuständig. Heinz Bornemann ist inzwischen der Dienstälteste im Team,
          „Bambi“- Preisträger von 1989. Das Ganze läuft im Schichtdienst, fast rund um die Uhr.
          Langeweile kommt da nie auf; denn Heinz Bornemann weiß nie, was auf ihn zukommt.
          Trotz der häufig schlimmen Nachrichten, die gesendet werden müssen, ist der 59-jährige
          nicht zum Zyniker geworden. „Es geht einem trotz allem noch oft an die Nieren, wenn
          man zum Beispiel Bilder aus Enschede senden muß; denn alles, was es an Bildmaterial
          gibt, muten wir dem Zuschauer gar nicht zu. Man sieht so viele Dinge, dass man später
          schlecht abschalten kann.“ Das Team ist alles. Es gibt im Studio keine Stars. Das wissen
          auch die Sprecher. Auch sie erhalten Anweisungen von Heinz Bornemann. Er ist auch
          Ansprechpartner, wenn sich hoher Besuch ankündigt: Boris Jelzin, alle Kanzler und
          Präsidenten, Prinz Charles und Prinzessin Diana schauten ihm schon über die Schulter.
          Die rasend schnelle technische Entwicklung hat Heinz Bornemann nicht überrollt. Seine
          Freude an der Arbeit und seine Neugier an allem Neuen hat ihn auch die Computertechnik
          begreifen lassen. Wie das im Einzelnen alles geht, braucht er nicht zu wissen. Nur was
          geht. Um alles andere kümmern sich die Ingenieure. Bei aller Anspannung vor, während
          und nach den Sendungen kommt der Spaß nicht zu kurz. Das Team versteht sich, und bei
          lustigen Versprechern wird viel gelacht. Frau Berghoff: „Das WC-Turnier von Boris
          Becker...“ Das ist Heinz Bornemann heute. Und wie war er gestern?
          Vater im Krieg geblieben. Erziehung an der langen Leine. Von seiner Mutter hat er die
          Liebe zur Musik geerbt und das Dichten wohl von seiner Tante Erna Düx Bornemann,
          Heimatdichterin der Grafschaft. Er war nie besonders ehrgeizig, mogelte sich so durch die
          Schulzeit. Erst später beim NDR ist er ehrgeizig geworden: Konkurrenz belebt nach wie
          vor das Geschäft. Und so versucht Heinz Bornemann immer wieder, einer der Besten zu
          sein. Noch einige Jahre, dann sollen die jungen Leute ran.
          Auf diesen Unruhestand freut sich sicherlich ganz besonders seine Frau Heidetraud, mit
          der er seit 27 Jahren verheiratet ist. Tochter Inga arbeitet als Buchhändlerin. Seine
          beiden Frauen haben häufig auf ihn verzichten müssen. Die Weihnachts- und Osterfeste,
          die Feiertage und die Wochenenden die er im Dienst und nicht bei der Familie war, sind
          nicht zu zählen. Doch das hat die Familie eher noch enger zusammen geschweißt, wohl
          wissend, dass er sich seinem Job mit Haut und Haaren verschrieben hat. Der nach außen
          so verlässliche, pünktliche und aufgeschlossene Mann zeigt sich in der Familie „schwach“.
          Dort kann er sich herrlich gehen lassen und – wie ein richtiger Mann – auch mal weinen.
          Mit diesem Spannungsbogen lebt ein Mann, der sich als Glückskind bezeichnet: „Tolle
          Familie, interessanter Beruf, nie ernsthaft krank und 50 Jahre Frieden.“ Auf eigene Fehler
          reagiert er sauer. Fehler der Kollegen werden nach der Sendung besprochen. Und
          wirklich böse reagiert er, „wenn ich gegen zuviel Dummheit oder bürokratischen Unsinn
          anrennen muss.“ Die eng bemessene Freizeit wird mit der Familie in Ruhe verbracht, an
          der See oder im Harz. Der Beruf hat es mit sich gebracht, dass Heinz Bornemann kaum
          Freundschaften hat schließen können. Und bei den langen Spaziergängen denkt er oft an
          Bad Bentheim. An seinen Freund Heiko Bettin, mit dem er die meisten Streiche in
          Bentheim ausgeheckt hatte und der leider mit dem Motorrad, als er als Kapitän auf
          Heimaturlaub war, tödlich verunglückt ist. An seinen Schulfreund Hermann Foppe und an
          Anne Schulz, an seine Mutter, die ihm gezeigt hat, dass man auch ohne viel Geld mit
          Humor durchs Leben kommt: „Vom letzten Geld kaufen wir einen Kuchen; denn Brot kann
          man anschreiben lassen.“ Gern denkt er auch an die Klassentreffen zurück; denn sie
          waren keine „Angabeveranstaltung“. Von ihr lernte er auch, sich auf der „sicheren“ Seite
          zu bewegen. Das ist auch der Grund, warum er dem NDR fast 40 Jahre treu geblieben ist.
          Als freier Regisseur hätte er sicherlich enorm mehr verdient. Heinz Bornemann weiß, dass
          er zu wenig für seine Gesundheit tut. Er raucht zu viel. Auch mit dem Übergewicht hat er
          so seine Probleme. Er fährt lieber mit dem Auto als um die Alster zu joggen. Treu dem
          Churchill-Motto: „No sports.“ Der lebenslustige Regisseur, der den ironischen Humor so
          liebt (bei seinen Gedichten sind die Vorbilder Erhard, Busch oder Ringelnatz), bewegt sich
          gern in lustiger Gesellschaft, kann auch schon mal ausflippen, ist aber in keinem Fall
          nachtragend; denn: „Man muß den Haufen ja zusammen halten.“ Für Musik ist er immer
          zu haben. Je nach Stimmung Klassik, im Auto oder im Bad auch die neuesten Schlager und
          gerne auch Oldies aus seiner Zeit. An die Klassik hat ihn seine Familie herangeführt. Es
          wurde noch Hausmusik gemacht. Außerdem musste er das Klavier traktieren. Er ist jedoch
          auf diesem Gerät nie ein Künstler geworden, doch es reicht, um ein wenig Orgel zu
          spielen. Zum wirklich entspannten Lesen kommt er kaum. Viel Zeitungen,
          Computerzeitschriften, mal ein Buch vom Kollegen Wickert. Sehr zum Leidwesen seiner
          Tochter. Fördernde Kraft ist er dann, wenn es um den Nachwuchs geht, fordernde Kraft,
          wenn es um die Sendung geht. Denn er kann auf den Tod nicht leiden, wenn nicht jeder
          das gibt, was er kann und trotz des krisensicheren Jobs angesichts derart vieler
          Arbeitsloser noch an allem herummeckert. Ja, er gibt zu, nach so vielen Jahren doch wohl
          ein Stadtmensch geworden zu sein. Kein Partygänger, wohl aber einer, der großes
          Interesse an Theater, Konzert, Kleinkunst, Straßenfesten hat: „Das macht Laune.“ Der
          im Gespräch konzentrierte, aber nicht immer geduldige Mann geht schon mal dazwischen,
          wenn jemand zu weit ausholt. Einmal getroffene Entscheidungen setzt er nur dann um,
          wenn ihn keiner eines Besseren belehrt. „Mein Job ist Teamwork, jeder ein Spezialist, da
          kann ich meine Meinung nicht immer durchboxen. Sicher muss ich aber irgendwann
          Diskussionen abwürgen; denn die Sendung muss pünktlich anfangen.“ Ein „Macher“ also?
          Sicherlich! Aber die Strippen werden ganz offen im Vordergrund gezogen. Dabei versucht
          er, unbedingt ehrlich zu sein, auch wenn man aus taktischen oder was auch immer für
          Gründen nicht immer die Wahrheit sagen kann. Schade nur, dass die Freunde auf der
          Strecke geblieben sind. Aber viele, die ihn kennen, bezeichnen Heinz Bornemann als einen
          wirklichen Kumpel mit den berühmten Pferden. Er sieht sich selbst als zufriedenen
          Menschen, der – mit den kleinen rühmlichen Ausnahmen – alles so wieder machen würde.
          Was macht einer, der über Jahrzehnte hinweg im permanenten Stress gelebt hat, in
          einigen Jahren? „Man soll ja nicht zu viele Pläne machen, weil es meistens anders kommt.
          Aber wenn ich gesund bleibe, möchte ich mit meiner Frau noch viele schöne Reisen
          machen und am Stammtisch in Bentheim über die ach so guten alten Zeiten klönen. Werde
          darüber hinaus weiter meine Gedichte schreiben, mich vom Computer nerven und auch
          die Seele baumeln lassen. Wie gesagt, ich lasse es auf mich zukommen.“ Heinz
          Bornemann hat den Stammtisch in Bad Bentheim erwähnt: Wirklich viele würden sich
          freuen, ihn wieder mal dort anzutreffen. Wäre schön, sich mit dem Mann zu unterhalten,
          der die Nachrichten der Welt „regiert“.

               Weitere Berichte und Bilder siehe : Mein Beruf

            

                
                       
Inhalt

           © Heinz Bornemann 

 

           
  Goslarsche Zeitung       
 


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